Aktuelle Informationen zur Erdgasversorgung

Die deutsche Energiewirtschaft blickt mit Bestürzung und großer Sorge auf die Situation in der Ukraine. Leidtragende dieses Krieges ist in allererster Linie die ukrainische Bevölkerung. Unsere Gedanken sind bei den betroffenen Menschen. Viele Menschen machen sich angesichts der Krise auch Sorgen, was die Energieversorgung betrifft. Wir haben Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt. 

  • Was ist der Notfallplan Gas?

    Im Notfallplan Gas wird das Vorgehen aller Akteure in Politik und Wirtschaft im Falle eines drohenden Gasengpasses festgelegt. Hierin gibt es drei Eskalationsstufen: Die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Es wird außerdem festgelegt, welche Verbrauchergruppen besonders geschützt sind. Darunter fallen unter anderem Haushaltskunden und kleinere Gewerbekunden, Krankenhäuser, Feuerwehren, etc. Sie werden auch im Falle eines Engpasses weiter beliefert. Rechtlich sind der Notfallplan und die darin enthaltene Gruppe besonders geschützter Kunden im Energiewirtschaftsgesetz (§53a EnWG) verankert.


  • Was bedeutet die Ausrufung der Alarmstufe in der Gasversorgung?

    Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 23. Juni 2022 die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Das Ministerium hat damit festgestellt, dass eine hohe Gefahr langfristiger Unterversorgung besteht. Das hat vor allem mit der Reduzierung der Gaslieferungen aus Russland zu tun, aber auch damit, dass die Gasspeicher noch schneller befüllt werden sollen. Um die Wärmeversorgung im Winter sicherzustellen, ist es notwendig, die Gasspeicher weiter zu füllen. Die Voraussetzungen schafft die Alarmstufe.


  • Welche Folgen hat die Alarmstufe konkret?

    Mit der Alarmstufe werden alle Gasverbraucher aufgefordert, ihren Gasverbrauch zu reduzieren. Jede eingesparte Kilowattstunde hilft. Das Ministerium hat angekündigt, die Gaskraftwerke, die Strom produzieren, vom Netz zu nehmen. Die notwendigen Strommengen sollen stattdessen durch eine Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken erzeugt werden. Außerdem werden für Firmen Anreize geschaffen, ihren Gasverbrauch zu reduzieren. Staatliche Eingriffe sieht die Alarmstufe nicht vor.


  • Wäre die auf Erdgas basierende Energieversorgung in Deutschland bei einem Lieferstopp aus Russland gefährdet?

    Sicher ist: In den kommenden Monaten wird jeder private Gas- und Fernwärmekunde versorgt. Wir haben in Europa Sicherungsmechanismen, die in einer Engpasssituation greifen. In jedem Fall sind Haushaltkunden und Einrichtungen wie beispielsweise Krankenhäuser durch gesetzliche Bestimmungen besonders geschützt. Auch würden im Falle eines Engpasses vertraglich geregelte Abschaltvereinbarungen mit der Industrie oder der Wechsel auf andere Energieträger die Nachfrage nach Erdgas drosseln.


    Die Energiewirtschaft steht in engem Austausch mit der Bundesregierung bzw. vor allem mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und der Bundesnetzagentur. Sie beobachtet die aktuelle Lage genau und bewertet sie regelmäßig entlang der bestehenden Vorsorgepläne.


  • Wie sehen Alternativen aus, um Deutschland weiter mit Erdgas zu versorgen?

    Europa kann auf einen breiten Liefermix bauen: Gas kommt gewissermaßen aus allen Himmelsrichtungen nach Europa und somit auch nach Deutschland. Hinzu kommt die sehr gute Gasspeicher-Infrastruktur, insbesondere in Deutschland, sowie das europäische Gas-Verbundnetz, das den innereuropäischen Gas-Austausch ermöglicht und das in den vergangenen Jahren immer stärker ausgebaut worden ist.


    Aktuell kommt auch verstärkt Flüssigerdgas via Großtanker aus den USA. In gewissem Umfang besteht die Möglichkeit, zusätzliche Flüssigerdgas-Mengen zu beziehen. Die derzeit größten LNG-Anbieter sind Katar, Australien und auch die USA. Insbesondere dort sind viele Produzenten in der Lage, ihre Angebotsmenge kurzfristig auszuweiten, um auf Nachfrageschwankungen zu reagieren.


  • Wie ist der Füllstand der hiesigen Speicher?

    Die deutschen Gasspeicher sind zu rund 60 % gefüllt. Bis zum Winter soll der Speicherstand 90 % betragen. Tagesaktuelle Daten zu den Gasspeicherfüllständen in Europa finden Sie hier.


     

  • Kann die Erdgas-Versorgung ohne Russland im nächsten Winter gesichert werden?

    Die Energiewirtschaft beobachtet die Situation sehr genau und ist in ständigem Austausch mit dem Bundeswirtschaftsministerium, um die Lage zu analysieren. Je besser wir die Gasversorgung diversifizieren können, desto besser können wir uns auf die Situation vorbereiten. Für einen Wegfall der Importe brauchen wir zusätzliche Strukturen und den starken europäischen Verbund.


  • Was passiert, falls Russland die Lieferungen einstellt?

    Würden die Lieferungen aus Russland von einem Tag auf den anderen ausfallen, wäre das natürlich eine große Herausforderung, vor der die Bundesregierung und die Energiewirtschaft dann stehen würden. Aber wir stehen in Europa auch nicht ohne Sicherungsmechanismen da. Die aktuelle Lage wird von den zuständigen Behörden in Deutschland und Europa und von der Gaswirtschaft sehr genau beobachtet und regelmäßig entlang der bestehenden Vorsorgepläne neu bewertet. Deutschland bezieht Erdgas aus unterschiedlichen Lieferländern. Zudem besteht die Möglichkeit, in gewissem Umfang zusätzliche Flüssiggas-Mengen beispielsweise aus den USA zu beziehen. Man würde prüfen: Welche Alternativen gibt es? Wo gibt es noch Mengen in Speichern? Wer könnte zusätzlich Mengen liefern? Wo kann reduziert werden? Zudem ist Deutschland keine Insel, sondern Teil eines europäischen Erdgas-Versorgungsystems, in dem sich die EU-Staaten im Bedarfsfall gegenseitig unterstützen. Hierzu gibt es entsprechende verbindliche Vorsorge-Pläne. In jedem Fall sind Haushaltkunden und verschiedene Einrichtungen durch gesetzliche Bestimmungen besonders geschützt.

  • Welchen Beitrag kann LNG zur Versorgungssicherheit leisten?

    LNG, also Liquefied Natural Gas, ist Erdgas, das auf -162° Celsius heruntergekühlt wird und dann im flüssigen Zustand nur noch ein Sechshundertstel seines ursprünglichen Volumens aufweist. Deswegen kann es in Tankschiffen transportiert werden. Diese landen das Gas an europäischen Terminals an, wo es wieder auf Normaltemperatur gebracht und in das Gasnetz gepumpt wird.

    In gewissem Umfang besteht die Möglichkeit, zusätzliche Mengen des verflüssigten Erdgases zu beziehen. Die derzeit größten LNG-Anbieter sind Katar, Australien und auch die USA. Insbesondere dort sind viele Produzenten in der Lage, ihre Angebotsmenge kurzfristig auszuweiten, um auf Nachfrageschwankungen zu reagieren. Die Vereinigten Staaten wollen ihre LNG-Produktion zwischen 2020 und 2024 um 86 Prozent, also 55 Milliarden Kubikmeter, steigern. Denn besonders der asiatische Markt wächst rasant.

    Hinweis: LNG ist nicht zu verwechseln mit Flüssiggas, das aus Propan und Butan besteht. LNG hingegen ist verflüssigtes Erdgas.

  • Wie viele Wohnungen werden in Deutschland mit Erdgas beheizt?

    Gas ist der meist genutzte Heiz-Energieträger im Gebäudebestand in Deutschland. Wie eine Auswertung des BDEW zeigt, wird die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland mit Gas beheizt (50 Prozent). In einem Viertel der Wohnungen (25 Prozent) kommt Heizöl zum Einsatz. Fernwärme folgt auf Platz drei mit 14 Prozent. Stromdirektheizungen und Elektro-Wärmepumpen machen zusammen rund 5 Prozent aus, sonstige Wärmeerzeuger (u. a. Biomasse), rund 6 Prozent.

  • Wie viel Erdgas wird in Deutschland verbraucht und wo wird es eingesetzt?

    Der Erdgasabsatz in Deutschland belief sich 2021 nach ersten Daten auf 1.003 Milliarden Kilowattstunden. Die Betriebe der Industrie sind mit 36 % die größte Abnehmergruppe. Der Anteil der Haushalte, der stark witterungsabhängig ist, beträgt 31 %.

  • Wie ist es um die Sicherheitsanforderungen bestellt?

    Die deutsche Energieversorgung zählt zu den sichersten weltweit. Die Betreiber Kritischer Infrastrukturen müssen kontinuierlich sehr hohe regulatorische Sicherheitsanforderungen u. a. für Energieversorgungsnetze und für Energieanlagen sowie Meldepflichten bei IT-Sicherheitsvorfällen gegenüber dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik umsetzen und nachweisen. Die Einhaltung dieser Anforderungen wird von der Bundesnetzagentur sowie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik überwacht und die Anforderungen werden bei Bedarf aktualisiert oder erweitert. Die in Deutschland für den Sektor Energie geltenden Anforderungen gehen weit über die verpflichtenden Mindestanforderungen der Europäischen Cybersicherheitsrichtlinie hinaus.